"Gallisches Dorf" in der EU

mehr-Demokratie.de | 13.06.2014 | mehr-demokratie.de/strempt

EU-Referendum in Strempt

Das Eifeldorf Strempt hat als einzige Gemeinde Deutschlands in einem selbstorganisierten Volksentscheid über die EU-Verfassung abgestimmt. In vielen Ländern sollten die Bürger darüber abstimmen, doch in Deutschland stellte sich die Bundesregierung quer. "Nicht mit uns!" Das sagten sich die Bewohner von Strempt und organisierten zusammen mit Mehr Demokratie einen eigenen Volksentscheid.

Am 13. Juni 2004 - zeitgleich mit der Europawahl - war es soweit: Strempt stimmte über die EU-Verfassung ab.


Film über selbstorganisierte Volksabstimmung in Strempt (Eifel, NRW)

Zur Zeit nur auf der original Seite (Quelle) verfügbar.



Die Bürger der Gemeinde Strempt in der Eifel mauserten sich zu wahren Demokratie-Aktivisten. Obwohl laut Umfragen mehr als 70% der Bundesbürger für einen Volksentscheid waren, schienen die meisten von ihnen die Weigerungshaltung der Bundesregierung resigniert hingenommen zu haben. Nicht so das "Gallische Dorf" Strempt, dessen gewählter "Häuptling", Ortsvorsteher Wulf-Dietrich Simon, meinte: "Der beste Protest in dieser Lage besteht darin, in aller Öffentlichkeit genau das zu tun, was man uns versagen will: einen Volksentscheid durchzuführen."


In den Wochen vor dem Volksentscheid nutzten die Bürger die Gelegenheit, sich eingehend zu informieren. Das an alle Haushalte verteilte Informationsheft mit Argumenten für und gegen die EU-Verfassung wurde gelesen. Auf einem öffentlichen Diskussionsabend wurde mit Spezialisten auf dem Podium diskutiert. Damit hatte die Protestaktion zugleich Lehrcharakter, denn sie lebte vor, wie die Meinungsbildung im Vorfeld einer Abstimmung aussehen könnte. Der Ausgang der Abstimmung war also offen. Ortsvorsteher Simon: "Wer die Aktion als Anti-EU-Aktion sieht, hat noch nicht verstanden, worum es uns geht. Uns geht es nicht um das Ergebnis, uns geht es um das Recht auf Abstimmung an sich. Uns geht es um Demokratie."


Daniel Schily, der die Aktion mitangestoßen hatte, störte sich vor allem an der scheinheiligen Ausrede des damaligen Bundeskanzlers Schröder. Der hatte wiederholt behauptet, eine Abstimmung sei unmöglich, weil das Grundgesetz Deutschlands keine Volksabstimmungen zuließe. "Das könnte er erst behaupten, wenn er einen entsprechenden Vorschlag zur Grundgesetzänderung vor den Bundestag gebracht hätte. Hat er aber nicht. Dem Kanzler fehlt schlicht der Wille", meinte Schily.


Das Abstimmungsergebnis

Abstimmungsberechtigte: 739 (100%)
Teilgenommen haben: 383 (51,8%)
davon
- Ja-Stimmen: 279 (72,8%)
- Nein-Stimmen 101 (26,4%)
- Ungültige Stimmzettel: 3 (0,8%)